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Vier Patentbewertungsansätze: Vor- und Nachteile


Bei der Patentbewertung kann man aus den unterschiedlichen Methoden auswählen. Allerdings sind die meisten Patentbewertungsansätze, die auch in Normen behandelt werden, ursprünglich nicht für die Bewertung von Patenten entwickelt worden. Einige Bewertungsmethoden entstammen ursprünglich der Unternehmensbewertung (z.B. Ertragswert) oder Bilanzierungsberechnungsmethoden (z.B. Kostenansatz). Dies führt zu Problemen bei der Anwendung der Methoden auf Patente.

Unterschiedliche Ansätze können völlig unterschiedliche Ergebnisse für dasselbe Patent ergeben – welcher Ansatz ist prädestiniert?

Es gibt vier typische Ansätze, die derzeit für Patentbewertungen verwendet werden:

  1. Ertragswert-Ansatz

  2. Kostenansatz

  3. Marktwert-Analogie

  4. Indikatorbasierte Ansätze

Im Folgenden beschreiben wir diese Ansätze im Detail und nennen deren Vor-und Nachteile. Außerdem erwähnen wir, für welche Anwendungsbereiche die jeweiligen Ansätze besonders gut geeignet sind.

Ertragswertmethode

Der Ertragswert hat seinen Ursprung in der Bewertung von Unternehmen, wo der jährliche Ertrag mit einem branchenspezifischen Faktor („Multiple“) multipliziert wird. Übertragen auf Patente misst es die (Prognose der) Erträge durch ein Patent. Der Ertragswert ist natürlich auch bestimmbar ohne dass ein Patent vorliegt. Genaugenommen ist der Ertragswert eines Patentes demnach die Differenz eines berechneten Ertragswertes mit z.B. einem bestimmten Produkt ohne das entsprechende Patent und dem erzielbaren Ertrag mit demselben Produkt mit dem Monopolvorteil eines Patentes.

Beispiele für Erträge: Lizenzeinnahmen, Umsatzerlöse durch ein Produkt, das mit dem (den) Patent(en) geschützt ist (direkte Erttäge); Kosteneinsparungen, Zusätzliche Mehrerträge durch das Aussperren des Wettbewerbs für Alternativlösungen (indirekte Erträge).

Einsatzbereich

  • Patentanmeldungen und erteilte Patente

  • Einzelne Patentfamilien

Pro

  • Vollständig transparenter Prozess

  • Entspricht gängigen Normen

  • Anwendung der verschiedenen Szenarien ist möglich

  • Insbesondere bei den Patenten, die bereits benutzt werden, ist die Methode deutlich einfacher anzuwenden

Kontra

  • Anteil eines Patents an einem bestimmten Produkt muss bekannt, Kosten direkt zurechenbar sein

  • Schwer umsetzbar wenn mehrere Patente an einem Produkt involviert sind

  • Schwierig bei Sperrpatenten

  • Indirekte Einnahmen schwer zu bewerten

  • Unsicherheit über die Zukunft (Prognoserisiko)

  • Wert des Ertrages ist schwer auf einen anderen Besitzer übertragbar (z.B. Marktzugang kann sich unterscheiden)

  • Der Ansatz ist in der Regel teuer und zeitaufwändig

Kostenansatz

Der Kostenansatz wird von Buchhaltungsstandards abgeleitet: Wiederbeschaffungswert eines bestimmten Gutes. In Bezug auf Patentbewertung werden hier alle direkt zurechenbaren Kosten berücksichtigt, z.B.:

  • Entwicklungsausgaben (nicht Forschung) für diese Erfindung

  • Externe Ausgaben für:

  • Entwicklung, Prototyp

  • Patentrecherche

  • Patentanmeldung (Patentanwalt, Übersetzungen, Gebühren…)

  • Aufrechterhaltung (Gebühren, Patentanwalt, Gerichtskosten…)

Die Gesamtsumme der Kosten entspricht dem „Anschaffungswert“

Einsatzbereich

  • Patentanmeldungen (schwierig) und erteilte Patente

  • Einzelne Patentfamilien

  • Patentportfolios

Pro

  • Sobald der Prozess und die Kostenrechnung eingerichtet und etabliert sind, können die Kosten einfach berechnet werden

Kontra

  • Kosten sind nicht proportional zum erfinderischen Erfolg

  • Wertlose Patente werden überbewertet

  • Hochwertige Patente werden unterbewertet

  • Kostenzuordnung nicht immer präzise möglich, z.B. wenn verschiedene Erfindungen aus demselben Projekt hervorgehen

  • Dem Kostenansatz zufolge steigt der Patentwert mit dem Alter und den externen Kosten

Marktwert-Analogie

Marktwert-Analogie (wird auch als Marktansatz oder Marktwertmethode bezeichnet) vergleicht ein Objekt mit ähnlichen Objekten auf dem Markt.

Die Methode bestimmt den Preis von ähnlichen Objekten die in der Vergangenheit gehandelt worden sind. Sie bestimmt den Wert anhand der ermittelten Bezugsdaten, z.B. als Durchschnittswerte und wird z.B. bei Immobilienbewertungen eingesetzt.

Einsatzbereich

  • Patentanmeldungen und erteilte Patente

  • Einzelne Patentfamilien

  • Bei Vorhandensein ähnlicher Patenten

Pro

  • Kein Prognoserisiko von zukünftigen Einnahmen

  • Auch Sperrpatente können nach dieser Methode bewertet werden

  • „Fair Value“ entspricht gängigen Normen und Buchhaltungsstandards (z.B. IDW S5)

  • Der Marktwert ist der potentielle Handelswert

Kontra

  • Kerngedanke von Patenten ist Einzigartigkeit – es kann schwierig sein, ein korrespondierendes Patent zu finden

  • Grundlegendes Problem ist die Datenverfügbarkeit. Es ist nicht z.B. schwierig herauszufinden, zu welchem Preis ein Vergleichspatent verkauft wurde

  • Alternativen können zu komplett unterschiedlichen Werten führen, z.B. wenn Standards involviert sind

  • Zeitaufwändige Methode

Indikatorbasierte Ansätze (qualitative Ansätze)

Jedes Patent wird bei diesem Ansatz auf ein Set von Indikatoren reduziert. Qualitätsbeitrag zu dem jeweiligen Indikatoren ist das Resultat von statistischen Untersuchungen und Erfahrungswerten

Beispiele:

  • Eine große Patentfamilie deutet auf einen hohen Familienwert hin (Lanjouw et al, 1998; Harhoff et al, 2003).

  • Die Häufigkeit mit der ein Patent zitiert wird weist auf die technologische Bedeutung des Patentes hin (Trajtenberg, 1990; Hall, et al., 2005; Harhoff et al., 2003).

Die Methode erzeugt ein qualitatives Bild über ein Patent (Squicciarini et al., OECD Science, 2013). Sie ist geeignet um Patente miteinander qualitativ zu vergleichen, z.B. eigene Patente mit denen der Konkurrenz.

Einen monetären Wert zuzuweisen ist in diesem Fall möglich, indem man den Marktwert-Analogie Ansatz auf das Indikator Modell anwendet.

Die Markt–Analogie mit abstrakten Indikatormodellen vergleicht nicht das Objekt mit ähnlichen Objekten auf dem Markt, sondern lediglich die Indikatoren, die dieses Objekt bestimmen. Sie vergleicht den Wert von bestimmten Mustern von Objekten (Patenten), die in Vergangenheit gehandelt wurden.

Patent wird auf einen Kennzahlensatz und Indikatoren abstrahiert (siehe hierzu allgemeiner Indikatoransatz), weil abstraktes Modell aus Zahlen einfach verarbeitet werden kann.

Patent wird nicht direkt mit einem anderen verglichen, sondern nur sein Modell mit anderen Modellen. D.h. je mehr Indikatoren verfügbar, umso präziser das Modell und die Wertprognose.

Einsatzbereich

  • Patentanmeldungen und erteilte Patente

  • Einzelne Patentfamilien

  • (Große) Patentportfolios

Pro

  • Alle Arten von Patenten können bewertet werden

  • „Fair value“ entspricht allen Normen, Richtlinien, Standards (z.B. IDW S5)

  • Der Marktwert ist der potentielle Handelswert

  • Sehr geringer Bewertungsaufwand (hohes Automatisierungspotenzial)

  • Geringe Fehlerrate (empirische Daten)

  • Automatisierte Patentwertdaten sind bereits als Softwarekomplettlösungen auf dem Markt verfügbar

  • Aktueller wissenschaftlicher Trend

Kontra

  • Modelle und Ähnlichkeits-Algorithmus können sehr komplex ausfallen was zu Intransparenz führt

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