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PATENT KOMPENDIUM
Gewerblicher Rechtsschutz
Der Begriff „Gewerblicher Rechtsschutz“ umfasst alles, was dem Schutz der gewerblich nutzbaren geistigen Leistung und den damit zusammenhängenden Interessen dient. Grundsätzlich kann jeder, gleich auf welchem Gebiet, derartige Leistungen erbringen, so dass sich die Grundsatzfrage stellt, wie man diese schützt. Dazu muss man wissen, welche Schutzmöglichkeiten für den jeweiligen Zweck zur Verfügung stehen.
Einteilung des gewerblichen Rechtsschutzes
Einteilung des gewerblichen Rechtsschutzes
Der gewerbliche Rechtschutz umfasst ganz allgemein gewerbliche Schutzrechte, den Kennzeichnungsschutz und den Wettbewerbsschutz. Bei den gewerblichen Schutzrechten gibt es wiederum eine Aufteilung in technische Schutzrechte und ästhetische Schutzrechte. Technische Schutzrechte geben eine Lehre zum technischen Handeln als auch eine Anleitung, wie ein Fachmann mit durchschnittlicher Begabung vorgehen muss, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen. Hierher gehören das Patent und das Gebrauchsmuster.
Ein ästhetisches Schutzrecht ist das Geschmacksmuster mit dem Farb- und Formgestaltungen von zwei- oder dreidimensionalen Erzeugnissen geschützt werden, die bestimmt und geeignet sind, den durch das Auge vermittelten ästhetischen Formensinn des Menschen anzuregen. Es beinhaltet keine technische Lehre, wie etwas gemacht werden soll, sondern zeigt z.B. eine fertige Gestaltung oder ein fertiges Design.
Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Während den vorgenannten Schutzrechten ein bestimmtes Registrierungs- oder Erteilungsverfahren, und damit eine Anmeldung bei einer Behörde gemeinsam ist, entsteht das dem Geschmacksmuster nahe kommende Urheberrecht immer durch die erste Entäußerung des Werks durch den Urheber. Das Urheberrecht ist das eigentumsähnliche Recht des Urhebers an seinem individuellen geistigen Werk. Das geistige Werk kann aus dem Inhalt, der inneren oder äußeren Form des Werkes bestehen. Beispiele für Urheberrechte sind musikalische Kompositionen, Romane, Gemälde, Fotografien, aber auch Datenverarbeitungsprogramme.
Die technischen Schutzrechte (Patent und Gebrauchsmuster), das Geschmackmuster, die Marke und die Kennzeichnungsrechte gewähren grundsätzlich ein ausschließliches Benutzungsrecht. Mit anderen Worten ist jedem Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers diese Rechte zu benutzen. Anders verhält es sich mit dem Urheberrecht. Das ist grundsätzlich gegen jede Nachbildung und Weiterverbreitung geschützt. Hat jedoch ein anderer den Gegenstand selbst geschaffen und kann dies auch nachweisen, erstreckt sich der Schutz aus ästhetischen Schutzrechten (Geschmacksmuster und Marke) nicht auf diese Schöpfung. Schließlich umfasst der gewerbliche Rechtsschutz auch den Wettbewerbsschutz. Hier sind sämtliche Vorschriften angesiedelt, die der Aufrechterhaltung und Überwachung des Wettbewerbs und damit der sozialen Marktwirtschaft dienen.
Schutzrechte wozu?
Es stellt sich die Frage, wozu diese Schutzrechte überhaupt vorgesehen sind. 2017 wurden über 300.000 Patente beim Europäischen Patentamt angemeldet. Wenn all diese Anmeldungen nur teilweise zu Schutzrechten führen, stellt sich doch die Frage, warum die Schutzsuchenden auf diesen Schutz aus sind. Dies hat mehrere Gründe:
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In Deutschland und in vielen anderen Ländern besteht grundsätzlich Nachahmungsfreiheit, sofern keine wettbewerbswidrigen Umstände hinzutreten. Das bedeutet ohne rechtlichen Schutz kann grundsätzlich alles nachgeahmt werden, gleichgültig welche Investitionen für eine Entwicklung erforderlich waren. Das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) gewährt zwar einen gewissen Schutz gegen sklavische Nachahmung, jedoch sind z.B. auf dem Modesektor Kollektionen nach einer Saison durch das UWG nicht mehr geschützt und können dann billig aus Dritt- und Schwellenländern auf den Markt geworfen werden. Das UWG greift z.B. dann, wenn extreme Preisunterbietungen auftreten, eine Rufausbeutung oder eine Anlehnung an den Ruf einer eingeführten Marke stattfindet. Grundsätzlich ist aber das UWG für den Schutz ein unzuverlässiges und schwer zu handhabendes Hilfsmittel, so dass die registrierten oder geprüften Schutzrechte einen besseren Schutz gewähren.
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Oft hat ein einzelner eine Idee und möchte sich gegenüber Nachahmern durch Schutzrechte schützen. Damit kann er etwas gefahrloser den Inhalt seiner Schutzrechte preisgeben und bei Missbrauch diese Rechte geltend machen.
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Schutzrechte können bei Firmenneugründungen als Nachweis für die bestehende Innovationsfähigkeit des Unternehmens dienen und vielleicht einen Venture-Kapitalist von der Idee überzeugen.
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Der Hinweis auf ein Schutzrecht kann werbewirksam sein, da der Verkehr vermutet, dass die geschützten Waren eben einfach besser sind.
Auf welcher Grundlage werden Schutzrechte erteilt?
Letztlich ist die Erteilung eines Schutzrechtes quasi ein Vertrag des Schutzsuchenden mit der Öffentlichkeit oder dem Staat. Im Falle einer Erfindung muss ein Erfinder mit der Hinterlegung seine Erfindung so offenbaren, dass ein Durchschnittsfachmann sie ausführen kann. Die Öffentlichkeit erhält damit Zugang zu Gedankengut, das sonst eventuell nie publik geworden wäre. Als Belohnung dafür, sein Gedankengut preiszugeben und nicht als Know-how für sich zu behalten, erhält der Erfinder ein zeitlich begrenztes Monopol, das ihm für diesen Zeitraum die Möglichkeit gibt, seine Idee allein zu verwerten und insofern seinen Erfinderlohn abzuschöpfen. Dadurch werden wieder andere Erfinder zu Weiterentwicklungen oder zu Umgehungsformen der publizierten Technologie angeregt, die besser als die ursprüngliche Erfindung sein können, weitere Möglichkeiten eröffnen und die somit ihrerseits den Wettbewerb fördern. Ohne Kenntnis der vorangegangenen Erfindung hätte diese Entwicklung insbesondere in Ländern, deren wirtschaftliche Lage von hochentwickelten Technologien abhängt, womöglich nicht stattgefunden. Zusammengefasst fördert der Staat durch Erteilung der Schutzrechte die Offenbarung von Gedankengut zur Förderung des Wettbewerbs.
Computer-Software
Ein Problembereich für sich sind die Schutzmöglichkeiten von Computer-Software. Eine Möglichkeit liegt im Urheberrecht. Nach § 2 Abs. 1 UrhG sind Datenverarbeitungsprogramme als Werke urheberrechtsschutzfähig. Allerdings fängt beim Werk-begriff auch das Problem schon an. Auf Grund sich oftmals wiederholender Verwendung bekannter Ablaufmuster in Programmen hat die Rechtsprechung an das Vorliegen eines urheberrechtsschutzfähigen Werks hohe Anforderungen gestellt, so dass nur wenigen Programmen ein Schutz zu Teil werden kann. Dieser Schutz betrifft zudem meist nur den Quellcode. Insofern ist davon auszugehen, dass etwa 95% der Computerprogramme z. Zt. nicht urheberrechtsschutzfähig sind.
Die andere Schutzmöglichkeit sind technische Schutzrechte. Allerdings gesteht das Patentrecht nach § 1 PatG Programmen für Datenverarbeitungsanlagen als solchen keinen Schutz zu. Somit ergibt sich das Problem, wie denn die Software nun geschützt ist. Die neuere Rechtsprechung lässt erkennen, dass zumindest ein gewisser technischer Zusammenhang genügt, damit auch Computerprogramme im Bereich des Patentrechts schutzfähig sind. Wesentliches Abgrenzungskriterium ist derzeit die Technizität. Es genügt ein technischer Bezug. Ein Beispiel für das weite Verständnis zumindest des Europäischen Patentamts ist ein interaktiver Einkaufswagen fürs Internet, auf den nur der User Einfluss hat.
Eindeutig nicht schutzfähig sind damit Anmeldungen, die sich in einer mathematischen Methode, Anweisungen für gedankliche Tätigkeiten oder in der Wiedergabe von Information erschöpfen. Ein Programm, das sich daher z.B. mit der Korrektur arabischer Schriftzeichen beschäftigt, die je nach Stellung im Wort eine unterschiedliche Zeichenform haben, ist mangels Technizität nicht schutzfähig. Schutzfähig hingegen kann trotz interaktiver Programmierung ein Programm zur Erstellung eines Arbeitsablaufs einer Maschine sein, die nach Erstellung des Programms selbständig arbeitet.
Zusammengefasst muss ein technischer Bezug innerhalb der aus Aufgabe und Lösung bestehenden Erfindung vorliegen. Ein neu aufgebauter Computer oder ein Programm mit technischem Bezug sind grundsätzlich patentfähig, sofern sie auch den weiteren an die Patentfähigkeit zu stellenden Anforderungen genügen. Allerdings besteht eine unterschiedliche Spruchpraxis beim Deutschen und Europäischen Patentamt. Software-Erfindungen werden vom Europäischen Patentamt selbst bei geringer Technizität eher patentiert.